16.05.2023 – Schweizer Jakobsweg 15. Tag

von Katja Härle

16. Mai 2023

Maison des Anges – Berlens 20,1 km

Es ist schon spannend, was mir bzw. uns das Leben, äh, der Jakobsweg so bietet und zeigt.

Wir hatten uns als heutiges Etappenziel Romont ausgesucht. Fast sind wir dort auch angekommen. Allerdings war die Unterkunftssuche keine erfolgreiche. Ich hatte noch gestern Abend und heute früh versucht, per Email eine Übernachtungsmöglichkeit ausfindig zu machen. In Summe habe ich 5 private Unterkünfte, 1 Hotel und 1 Kloster angeschrieben. Keine Ahnung, wieso ich das gemacht habe, was mich drängte, uns ein Zimmer oder Bett sicher zu wissen. Auf jeden Fall habe ich 4 Absagen erhalten, ein ziemlich teures Angebot (Hotel), 2 haben sich nicht gemeldet. Im Übrigen auch mal wieder eine Klostererfahrung der besonderen Art – ich hatte ja gestern schon geschrieben, dass ich da nicht gerade verwöhnt bin. So auch dieses Mal. Die Antwort des Klosters war schlicht, dass sie leider keine Personen mehr nur für eine Nacht aufnehmen. Im Klartext keine Pilger mehr. Wie sagte Hape Kerkeling schon so treffend: „Gott, Du bist ja vielleicht ganz in Ordnung, aber Dein Fußvolk lässt schwer zu wünschen übrig.“ Jep. Ich schätze, das ist ein wesentlicher Grund, weshalb ich mich nie im christlichen Glauben wiedergefunden habe. Die katholische Schwesternschule in meiner frühen Jugend war sicher ein blöder Einstieg, der sich im Verlaufe meines Lebens zusehends verstärkte. Im Grunde kenne ich niemand, der mich aufgrund seines gelebten Glaubens dazu animiert hätte. Im Gegenteil, immer genau jene, die ihren Glauben so sehr vor sich hertragen, gar andere missionieren wollen, erfahre ich oft leider wenig christlich. Wer Wasser predigt, sollte eben keinen Wein trinken. Wer von Nächstenliebe und Gottes Gnade spricht, solle sie doch auch spürbar werden lassen. Das ist für mich die wahre Mission, nicht Worte. Und vielleicht hat genau das Gott gemeint mit Liebe und Gnade: sie wirkt durch uns, oder halt eben nicht.

Ok. Das war ein kleiner Ausflug in meine religiösen Ansichten. Besser ich vertiefe die hier nicht. Es gibt ganz bestimmt unzählige gute Beispiele. Und darum soll es jetzt gehen.

Heute war nämlich trotz holperigem Start wieder ein Tag voller Camino Engel.

Menschen, wie die Schwiegertochter der BnB-Besitzerin, die uns unsere gewaschene und getrocknete Wäsche nicht nur vors Zimmer stellte, sondern auch ordentlich faltete:

Menschen, die uns auf dem Weg begegnen, uns einen guten Weg wünschen und den Weg weisen, wo Wegweiser fehlen bzw. in die verkehrte Richtung zeigen.

Frank und ein Fußgänger bringen ein durch Baumsturz verdrehtes Schild wieder in die richtige Richtung. Allen nachfolgenden Pilger kommt dies zugute
Später befreit er einen Richtungsweiser vom Efeu – zuvor war dieser komplett überwachsen

Nach unserer Mittagspause werden wir von einer Frau aus dem Auto angesprochen, wie wir Pilger das eigentlich mit unseren Unterkünften machen würden. Ob wir im Voraus buchen oder spontan und woher wir die Adressen hätten.

Wie sich herausstellte, hat sie erst letztes Jahr ein Studio in ihrem alten Bauernhaus ausgebaut und im Tourismusbüro in Romont als Privatunterkunft auch für Pilger angegeben. Allerdings befindet sich ihr Bauernhof ca. 4 Kilometer vor Romont. Kein Pilger läuft so weit zurück. Wir tauschen uns aus, ich gebe ihr Tipps, wo sie ihre Unterkunft bewerben kann und wir entscheiden uns kurzerhand, bei ihr zu übernachten. Für 50 CHF pro Person auch absolut im Rahmen. Und wieder einmal haben wir eine bezaubernde, wie einzigartige Übernachtungsmöglichkeit gefunden 😉

Der Bauernhof von Patricia liegt sehr idyllisch
EG des Studios mit Küche und Essbereich
1. Stock mit Schlafbereich und freistehender Wanne

Ach ja, der Weg 😉 Nun, um ehrlich zu sein, der war heute meist recht langweilig. Das erste Mal viel Asphalt und landschaftlich auch mäßig interessant. Ein paar schöne Passagen durch Wälder gab es aber dennoch:

Der Weg am Morgen ist noch sehr schön
Viel Asphalt – zuweilen sogar mit Verkehr
Etappe 15



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