17.09.2019 – Camino del norte 1. Tag

von Katja Härle

17. September 2019

Irún – kurz vor Ulia
(21,4 km)

Ein schöner erster Lauftag! Anstrengend und gleichzeitig mit unglaublich traumhaften Ausblicken und Wanderpfaden.

Nach einer erstaunlich guten Nacht mit 19 weiteren Frauen im Schlafsaal der staatlichen Herberge in Irún endet diese abrupt um 6:20 Uhr. Die Hospitalera schaltet das Licht an und holt uns zudem mit einem „Buenos días! Bongiorno!…“ aus dem Schlaf. Wobei, außer mir schlief keiner mehr. Es wuselt bereits im Zimmer, Sachen werden gepackt und sich für den Tag bereit gemacht. Wie immer lasse ich es eher gemütlich anlaufen.

Beim Frühstück unterhalte ich mich mit Fiona aus Hongkong und Stella aus Deutschland.

Gerade als ich die Herberge verlassen will, bekomme ich mit, wie eine ältere Pilgerin aus Österreich etwas aufgelöst nach Gesellschaft für die ersten Kilometer sucht. Sie spricht Stella und mich an, hält uns fälschlicherweise für zusammengehörig und fragt, ob sie sich uns anschließen darf.

Nun ja, so wandre ich mit Johanna und Stella in den Tag. Ein für mich ungewöhnlicher Start.

Kilometermarke direkt vor der Herberge. Na, da habe ich ja noch was vor mir☺️

Da sowohl Stella als auch ich vorhaben, den 2,2 Kilometer langen Umweg über Hondarribia zu nehmen, trennt sich Johanna, mittlerweile wieder sicheren Schrittes, bald von uns. Und Hondarribia war jeden Meter Umweg wert. Ein Schmuckstück an der spanischen Atlantikküste, laut Wanderführer wohl sogar eine der schönsten Ortschaften Spaniens.

Ankunft in Hondarribia, am Altstadttor.

Wunderschöne Gässchen.

Der Tag erwacht über den Dächern.

Der Marktplatz ist eine Augenweide.

Wenig später lasse ich auch Stella, die mir Auszüge ihrer Lebensgeschichte erzählt und weshalb sie sich mit ihren jungen 26 Jahren auf den Weg gemacht hat, zurück. Denn während des kommenden, sehr steilen Aufstiegs zum Jaizkibel-Bergkamm wird offensichtlich, dass wir sehr unterschiedliche Tempi gehen.

Eindrucksvoller Bergrücken, der Jaizkibel.

Ein Teil meiner heutigen Etappe. Ich bin die Route mit der durchgezogenen Linie gegangen, nicht die gestrichelte. Sieht schlimmer aus, als es ist.?

Harmlos wirkender und gleichzeitig verlockender Einstieg zum Gipfel.

Gleich dahinter schaut’s schon anders aus.

Jede Anstrengung wird durch herrliche Aussichten schnell vergessen.

Unterwegs auf dem Bergkamm.

Der Abstieg nach Pasaia ist dann knackig, was das obige Höhenprofil schon erahnen lässt. Erst hatte ich vor, dort für die Nacht Halt zu machen. Allerdings erreiche ich den Ort bereits um 12:30 Uhr und bin noch fit, weshalb ich mich entscheide weiterzulaufen.

Pasaia – rückblickend von der Fähre, die ich benutzen muss, um auf die andere Seite des Hafens zu gelangen.

Nach kurzer Rast geht’s weiter über sehr viele Stufen wieder nach oben.

Begleitet von schönen Meerblicken ist auch das zu bewältigen.

Der Weg besteht häufig aus festgetretenem Sand, so als ob ich über riesige Dünen gehen würde. Und natürlich ist das Meer zu hören und zu riechen.

Das Urlaubsfeeling und der schöne Einstieg wird abgerundet durch den Anblick meiner heutigen Herberge:

Lauschig liegt sie im Nirgendwo zwischen Pasaia und San Sebastian, die Herberge „las doce tribus“, und ist damit absolut genau das, was ich mir jetzt wünsche.

Fazit des heutigen Tages: Der Einstieg in den ersten Lauftag war ungewöhnlich, laufe ich doch vornehmlich alleine. Stellas Erzählungen ihres Lebens haben mich allerdings gut abgelenkt von eigenen Gedanken, was für den Start in den Tag sicher nicht schlecht war.

Nichtsdestotrotz war ich dann doch froh, als sich unsere Wege wieder trennten und ich endlich mit mir alleine war. Die darauf folgenden Gedanken waren dann umso produktiver und erkenntnisreicher.

Und jetzt bin ich gespannt auf den Ausklang des Tages.

Leider gibt’s erst um 19 Uhr Abendessen. Heute habe ich definitiv zu wenig gegessen. Morgen sollte das anders werden. Ich sterbe jetzt schon fast vor Hunger…. und es ist erst 16:40 Uhr. Und, by the way: bislang bin ich hier die einzige Pilgerin. Einige, weitere Pilger haben nur Halt für ein Getränk gemacht und sind dann anschließend weiter nach San Sebastian. Außer für Tapas (oder Pintxos, wie sie auf baskisch genannt werden) ist mir das allerdings unerklärlich.

Na, mir soll’s recht sein – auch wenn die Herberge von einer christlichen Glaubensgemeinschaft geführt wird, fühle ich mich total wohl, alles sehr sauber und gepflegt, die Hospitaleros freundlich (sogar Deutsche dabei) und sie werden mich ja nicht gleich essen oder opfern wollen?? oder doch? ??

Speisesaal und Ausblick laden Pilger wie mich zum Verweilen ein.



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