Pilgern ist weit mehr als ein Hype. Denn, die in den 90igern eingesetzte „Massenbewegung“ hat viel mit unserer heutigen Lebens- und Arbeitsweise zu tun.
Ständig „online“, alles Wissen auf Knopfdruck, sich gegenseitig widersprechende Informationen, Nachrichten und Neuigkeiten aus aller Welt in Echtzeit. Und wir mittendrin.
Was führt uns durch das zu viel von allem? Haben wir unseren inneren Kompass verloren?
Wie treffen wir Entscheidungen? Und was ist für uns überhaupt relevant und wesentlich?
Das kann uns das Internet nicht verraten. Doch wer oder was dann?
Begib Dich mit mir auf die Pfade des heiligen Sankt Jakobs und erfahre, wieso sich gerade jetzt so viele Menschen auf nach Santiago de Compostela machen. Ich verrate Dir, was Pilgern für mich bedeutet und was auch Du davon lernen kannst, ohne Dich selbst auf den Weg machen zu müssen.
Wenn Du lieber liest, statt Dir die Audio anzuhören, dann findest Du hier die Shownotes:
Heute widme ich mich einem meiner Lieblingsthemen, das in unserer hektischen und schnelllebigen Welt zunehmend an Bedeutung gewinnt: Pilgern. Ich gehe sogar soweit zu sagen, wir pilgern als Mittel gegen Stress und Burnout. Pilgern hat seit den 90er Jahren eine Renaissance erlebt und zieht immer mehr Menschen an.
Wieso nur? Suchen die Menschen in dieser alten Tradition einen Weg zur Entschleunigung und inneren Einkehr?
Warum begeben sich immer mehr Menschen auf den Jakobsweg? Eine Ursachenforschung
Unsere Welt hat sich in den letzten 30 Jahren drastisch verändert. Die ständige Online-Präsenz, die permanente Erreichbarkeit und die sozialen Netzwerke tragen zur Informationsüberflutung bei. Wir sind kontinuierlich mit einer Flut von Nachrichten und Eindrücken konfrontiert, die unser Gehirn kaum verarbeiten kann. Diese permanente Reizüberflutung führt oft zu einem Gefühl der Überforderung und Stress. Gleichzeitig haben sich auch die Anforderungen in der Arbeitswelt gewandelt. E-Mails und digitale Kommunikation bedeuten, dass wir jederzeit und überall erreichbar sind oder sein sollen. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, und viele Menschen fühlen sich unter ständigem Druck, jederzeit reagieren zu müssen.
Wie beeinflusst der moderne Lebensstil unsere mentale Gesundheit?
Dieser ständige äußere Input führt dazu, dass wir den Kontakt zu uns selbst verlieren. Die permanente Ablenkung und der Druck, immer erreichbar zu sein, hindern uns daran, zur Ruhe zu kommen und in uns zu gehen. Viele Menschen berichten von einem Gefühl der Leere und inneren Unruhe, weil sie kaum noch Zeit finden, sich mit ihren eigenen Gedanken und Gefühlen auseinanderzusetzen. Stress und Burnout sind mittlerweile weit verbreitete Phänomene, und immer mehr Menschen suchen nach Wegen, um dem Hamsterrad des Alltags zu entfliehen und wieder zu sich selbst zu finden. Der Wunsch nach Entschleunigung, die Suche nach spiritueller Erfahrung und das Bedürfnis, sich selbst zu finden, spielen dabei eine große Rolle. Die moderne Gesellschaft ist geprägt von einem hohen Tempo und stetigem Leistungsdruck, was viele Menschen an ihre Grenzen bringt. Pilgern bietet hier eine willkommene Auszeit.
Warum ist Pilgern eine wirksame Methode zur Stressbewältigung?
Pilgern bietet eine einzigartige Möglichkeit, aus dem Alltag auszubrechen und in einem einfachen Lebensrhythmus zu entschleunigen. Während des Pilgerns reduziert sich der Besitz auf das Nötigste, was in einem Rucksack Platz findet. Diese Reduktion auf das Wesentliche führt zu einem Gefühl der Befreiung. Der Alltag eines Pilgers ist einfach und strukturiert: Gehen, essen, schlafen. Diese simplen Abläufe bieten Raum für Reflexion und innere Einkehr.
Pilgern ermöglicht den Menschen, aus ihrem Alltag auszubrechen und eine neue Perspektive zu gewinnen. Der körperliche Aspekt des Pilgerns, das ständige Gehen, hilft dabei, den Kopf freizubekommen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Du spürst wieder Deinen Körper und seine Grenzen. Lang Verdrängtes kann sich freilaufen und mit jedem Schritt entwickeln. Der Kopf wird wieder frei und der Blick auf das Wesentliche wieder klarer. Körper, Geist und Seele werden wieder als Einheit wahrgenommen.
Sprich: Du spürst wieder eine tiefe Verbindung zu Dir selbst und hast damit das wiedergewonnen, das Dich durch den turbulenten Alltag navigiert.
Wie kann ich das, auch ohne mich auf den Jakobsweg zu begeben, erreichen?
Der Grundgedanke beim Pilgern ist das Wieder-in-Kontakt-kommen-mit-sich-selbst, also den eigenen inneren Kompass wieder zu entdecken. Das kann durch das Pilgern aber auch durch Meditations- oder Schweige-Retreats oder Ähnliches erreicht werden.
Auch bewusst gesetzte Auszeiten – ich nenne sie gerne „Inseln“ – können Dich wieder mit Deinem Innersten verbinden. Nimm Dir dafür mehrfach am Tag 2-3 Minuten Zeit und lausche in Dich: wie geht es mir gerade? Was beschäftigt mich? Wie fühlt sich mein Körper an?
Außerdem kannst Du Dir immer wieder längere Auszeiten nehmen, in dem Du für mindestens 1 Stunde in die Natur gehst und Dir Fragen stellst wie „was ist gerade los in meinem Leben?“ „Was läuft rund und was mächtig schief?“ „Fühle ich mich gerade wohl in meinem Leben?“ „Wenn nein, was müsste anders und wie laufen?“ etc.
Tägliches Meditieren von zum Beispiel 10-15 Minuten kann ebenso ein guter Weg sein, wieder mehr und mehr in Kontakt zu kommen mit Deinem inneren Kompass.
Es braucht zugegeben etwas Übung, sich sukzessive ‚auf die Schliche zu kommen‘. Vieles, das wir erfolgreich über Jahre verdrängt haben, kommt nicht in ein paar Minuten Nach-innen-Lauschen an die Oberfläche.
Gerade beim Meditieren besteht die Gefahr, dass wir uns insbesondere am Anfang sehr in unseren Gedanken verlieren und frustriert aufgeben.
Das ist ganz normal und passiert den allermeisten. Also übe Dich in Geduld.
Der Vorteil beim Pilgern
Das statische Meditieren macht es vergleichsweise schwer, mit sich in Kontakt zu kommen.
Und so bin ich vor allem auch deshalb ein Fan vom Pilgern, da durch die äußere Bewegung auch innerlich etwas in Gang kommt. Festgefahrene Strukturen und Sichtweisen können und dürfen sich lockern und Schritt für Schritt ändern bzw. neu-entwickeln.
Pilgern bietet daher aus meiner Sicht eine wirkungsvolle Methode zur Stressbewältigung und zur Vorbeugung von Burnout.
Es ermöglicht den Menschen, sich aus ihrem gewohnten Umfeld zu lösen und eine intensive persönliche und spirituelle Erfahrung zu machen. Die Bewegung in der Natur, die Begegnung mit anderen Pilgern und die Auseinandersetzung mit sich selbst, die Reduzierung auf das Wesentliche tragen zu einer tiefen Entspannung und inneren Einkehr bei. Schritt für Schritt kommst Du wieder in Kontakt mit Deinem innersten Kompass und mit der in Dir liegenden Kraft, so dass Du zukünftig auch auf holprigen Straßen achtsam mit Dir in Verbindung bleibst und Dich durch die Höhen und Tiefen des Lebens navigieren kannst.
Pilgern kann somit einen wertvollen Beitrag zur seelischen und körperlichen Gesundheit leisten.
Probiere es aus.
In diesem Sinne: Buen camino – einen guten (Lebens)Weg wünsche ich Dir.