Wie innere Antreiber den Weg in einen Burnout ebnen

15. April 2024

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Früh geprägte innere Überzeugungen über uns sind die wesentlichen Grundpfeiler, die zu einem Burnout führen können.
Durch sie verlernen wir jegliches Mittelmaß und den Kontakt zu unseren Grenzen.
Solche Antreiber können sein:

  • ich bin nicht gut genug
  • ich darf keine Fehler machen
  • nur wenn ich etwas leiste, werde ich geliebt
  • ich muss alles alleine schaffen
  • ich darf anderen nicht zur Last fallen
  • wenn ich um Hilfe bitte, ist das ein Zeichen von Schwäche
  • ich muss immer perfekt sein
  • ich muss es allen recht machen
  • ich muss mich anstrengen
  • ich muss mich beeilen

Weshalb und wie diese entstehen und wie Du ihnen begegnen kannst, erfährst Du in dieser Podcast-Folge anhand von Beispielen und zwei inspirierenden Geschichten.

 

Wenn Du lieber liest, statt Dir die Audio anzuhören, dann findest Du hier die vollständigen Shownotes:

 

Heute mit einem spannenden Thema: wie innere Antreiber den Weg in einen Burnout ebnen.

Innere Antreiber, Glaubenssätze, Leitmotive führen uns in einen Burnout.

Wie kann das sein, fragst du dich vielleicht?
Dazu erst ein kurzer Ausflug.

Was sind überhaupt innere Antreiber, Leitmotive, wie ich sie gerne nenne, oder Glaubenssätze?

Das sind Überzeugungen über uns, die wir uns in früher Kindheit zugelegt haben.

Stell dir einmal vor, du bist früher nach Hause gekommen, hast das Zeugnis vorgelegt und je nach Notenspiegel folgende Reaktionen erhalten: Waren da an der ein oder anderen Stelle keine guten Noten drin, wurdest du mit Liebesentzug, mit Schweigen, mit Missachtung bestraft. Und wenn dein Zeugnis geglänzt hat von 1 und 2, wurdest du strahlend in die Arme geschlossen und geliebt und gedrückt und gebusselt und du hast das Gefühl gehabt, jetzt mag mich Mama, Papa, Oma, Opa, wer auch immer für dich eine wichtige Bezugsperson war.
Wenn du so etwas erlebt hast, dann kann es sein, dass du dir damals letztendlich die Überzeugung zugelegt hast, ich muss perfekt sein, um geliebt zu werden.

Allen inneren Glaubenssätzen und Leitmotiven ist nämlich eines gemeinsam: Sie fußen auf zwei der elementarsten Bedürfnisse, die wir Menschen alle haben.

Wir alle wollen geliebt werden und wir alle wollen zugehörig sein.

Wenn du einfach mal darüber nachdenkst, wie es für ein kleines Baby ist, das verstoßen wird, das nicht geliebt wird, dann ist klar, dass ein so kleines Wesen wohl kaum mit dieser schweren Last überleben kann. Tatsächlich ist es in einem grausamen Versuch ehemals herausgefunden worden, wenn du einem Kind Liebe entziehst, wird es sterben.
Und das Gleiche gilt sicherlich auch, wenn wir nicht dazugehören, wenn wir nicht versorgt und umsorgt werden, wenn wir ausgestoßen werden aus der Gemeinschaft.
Es sind also zutiefst verwurzelte Bedürfnisse in uns: Zugehörigkeit und geliebt werden.

Und wenn wir in der Kindheit erfahren haben, wenn ich das oder das tu oder so oder so bin, dann werde ich geliebt, dann haben wir uns diese Strategie zutiefst angeeignet.

Also in meinem Beispiel mit den Noten, ich muss perfekt sein, damit ich geliebt werde.

Und von diesen Antreibern gibt es eine ganze Menge. Ich habe mir jetzt mal die herausgegriffen, die als gutes Beispiel dienen können, die uns zu Höchstleistungen antreiben, weil die wollen wir uns in dieser Folge genau anschauen.
Schau für dich doch mal, mit welchem Satz gehst du in Resonanz.

Das Wort Resonanz ist vielleicht nochmal ein kleiner Ausflug wert.
Was meine ich damit?
Für mich heißt es, der Körper ist ein großer Resonanzraum, quasi ein Kompass.

Wenn wir Körperreaktionen bekommen, dann ist für mich das ein gutes Zeichen von „ah, da habe ich ein Thema damit“.

Alles in mir sagt, ja, tschakka, jawoll. Oder eben alles in mir sträubt sich und geht auf Ablehnung.
Widerstände werden dir wahrscheinlich öfter begegnen, wenn du dich mit ihr auseinandersetzt. Immer gute Hinweise, dass hier etwas nicht so ganz angenommen ist.
Also schau mal hin, was bei den folgenden Sätzen in dir los ist, ob dein Körper in irgendeiner Form in Reaktion geht, dann ist es vielleicht ein ganz guter Satz, mit dem du weiterarbeiten könntest.

Typische Glaubenssätze sind:

  • ich bin nicht gut genug
  • ich darf keine Fehler machen
  • nur wenn ich etwas leiste, werde ich geliebt
  • ich muss alles alleine schaffen
  • ich darf anderen nicht zur Last fallen
  • wenn ich um Hilfe bitte, ist das ein Zeichen von Schwäche
  • ich muss immer perfekt sein
  • ich muss es allen recht machen
  • ich muss mich anstrengen
  • ich muss mich beeilen

Du kannst dir die Sätze auch selber noch mal laut vorlesen oder auch leise und einfach hinspüren, was passiert, wenn du dir diesen Satz selber sagst.
Das ist auf jeden Fall mal ein guter Anfang, um selbst so ein bisschen herauszufinden, was habe ich denn für innere Leitmotive?

Wie können Leitmotive oder Antreiber nun einen Burnout auslösen?

Wenn du dir die Glaubenssätze anschaust, die ich oben als Beispiel genannt habe, dann haben sie alle eines gemeinsam: nämlich, dass sie dich zu Höchstleistungen motivieren.
Per se erst mal nicht schlecht, gute Motivatoren bringen auch gute Erfolge.

Schwierig ist es nur, dass diese Leitmotive größtenteils eines gemeinsam haben, nämlich wir verlieren jegliches Maß an Normalität.

Also, wir verlieren das Maß, was ist angemessen und was ist nicht angemessen.

Wir treiben uns permanent zu Höchstleistungen an und wissen eigentlich gar nicht mehr, wo unsere Grenzen sind.

Du gibst immer Vollgas, was heißt, dass du deine Energien, inklusive Energiereserven immer voll ausschöpfen wirst.
Das Problem an all diesen Antreibern ist, dass du nie zufrieden sein wirst.
Es allen recht zu machen, was wird das letztendlich provozieren?
Du wirst immer das Gefühl haben, es nicht allen recht gemacht zu haben, weil es immer jemanden gibt, dem du es nicht recht gemacht hast.
Oder sei perfekt, wann sind Perfektionisten zufrieden?
Es geht immer besser, das ist das Problem dabei.
Oder streng dich an, ja, wir könnten uns immer noch mehr anstrengen.
Oder beeil dich, du wirst vermutlich in unserer heutigen Zeit mit unserer E-Mailflut und diesen vielzahligen Anforderungen und eine Aufgabe jagt die nächste, es nicht schaffen, fertig zu werden.
Wenn du allerdings in dir diesen Glaubenssatz trägst, ich muss mich nur beeilen, dann schaff ich das, dann wirst du dich immer mehr anspornen.
Du musst halt nur noch schneller werden.

Diesen Glaubenssätzen ist gemein, dass wir uns letztendlich nicht mehr klar wahrnehmen, unsere Sicht ist getrübt.

Und wie ich das meine, das möchte ich gern anhand von zwei Geschichten näher erläutern.

Ein Vater zog mit seinem Sohn und mit einem Esel in der Mittagsglut durch die staubigen Gassen. Der Vater saß auf dem Esel, den der Junge führte. „Der arme Junge“, sagte da ein Vorübergehender, „seine kurzen Beinchen versuchen mit dem Tempo des Esels Schritt zu erhalten. Wie kann man so faul auf dem Esel herum sitzen, wenn man sieht, dass das kleine Kind sich müde läuft?“
Der Vater nahm sich dies zu Herzen, steh hinter der nächsten Ecke ab und ließ den Jungen aufsitzen. Gar nicht lange dauerte es, da erhob schon wieder ein Vorübergehender die Stimme. „So eine Unverschämtheit! Sitzt doch der kleine Bengel, wie ein Graf auf dem Esel, während sein armer alter Vater nebenherläuft.'“
Dies schmerzte den Jungen und er bat den Vater, sich hinter ihn auf den Esel zu setzen. „Hat man so etwas schon gesehen“, keifte eine Frau. „Solche Tierquälerei! Dem armen Esel hängt der Rücken durch und der Alte und der junge Nichtsnutz ruhen sich auf ihm aus.“ Die Gescholtenen schauten sich an und stiegen beide ohne ein Wort zu sagen vom Esel herunter.
Kaum waren sie wenige Schritte neben dem Tier hergegangen, machte sich ein Fremder über sie lustig. „So dumm möchte ich nicht sein. Wozu führt ihr denn einen Esel spazieren, wenn er nichts leistet, euch keinen Nutzen bringt und noch nicht einmal einen von euch trägt?“ Der Vater schob dem Esel eine Hand voll Stroh ins Maul und legte seine Hand auf die Schulter seines Sohnes.
„Gleichgültig was wir machen“, sagte er, „es findet sich doch jemand, der damit nicht einverstanden ist. Ich glaube, wir müssen selbst wissen, was wir für richtig halten.“ (nach Nasreddin Hodscha)

Die Geschichte mag sehr anschaulich machen, dass wir es nicht allen recht machen können.
Es ist einfach eine absolute Illusion, dass das je zu schaffen wäre.

Und viel wichtiger noch, wenn wir ständig versuchen, es allen recht zu machen, vergessen wir die Person, für die wir eigentlich am ehesten verantwortlich wären, es ihr Recht zu machen, nämlich uns selbst.

Mal sehen, wie sich das mit dem Perfektionismus zuträgt.
Vielleicht kann auch hier eine kleine Geschichte aus dem Buddhistischen helfen.

Ein Mönch hatte die Aufgabe in seinem Kloster eine Mauer zu bauen. Da er noch nie zuvor gemauert hatte, war diese Aufgabe nicht einfach. Aber er gab sich die größte Mühe alle 1000 Steine, die dafür nötig waren, gerade und gleichmäßig aufeinander zu setzen und einzupassen.
Als die Mauer schließlich fertig war, trat er voller Stolz einen Schritt zurück, um sein Werk zu begutachten.
Da sah er, das durfte doch nicht wahr sein, dass zwei Steine schief in der Mauer saßen. Ein grauenhafter Anblick!

Viele Monate später, als Besucher des Klostes im Garten umherwanderten, fiel der Blick eines Gastes auf das Mauerwerk.

„Oh, das ist aber eine schöne Mauer“, bemerkte er.
„Mein Herr“, erwiderte der Mönch überrascht, „haben Sie einen Seefehler? Fallen Ihnen denn nicht die beiden schiefen Mauersteine auf?“
Die nächsten Worte des Gastes veränderten die Einstellung des Mönches zu seiner Mauer, zu sich selbst und zu vielen anderen Aspekten des Lebens grundlegend.
„Ja“, sagte der Gast, „ich sehe die beiden mangelhaften Backsteine. Aber ich sehe auch 998 gut eingesetzte Steine.“
Der Mönch war überwältigt. Zum ersten Mal sah er, neben den beiden mangelhaft eingesetzten Mauersteinen auch die vielen anderen Steine.
Sie alle waren perfekt eingesetzt. Bisher hatte er sich nur auf seine Fehler konzentriert und war allem anderen gegenüber blind gewesen. (buddhistische Geschichte) 

Ich als Perfektionist muss bei dieser Geschichte jedes Mal schmunzeln, weil exakt genau so ist es.
Wenn ich vor einer Wand stehe, dann sehe ich zum Beispiel: Ah, das Bild hängt schief.
Ich rücke es gerade, und jetzt ist der Anblick perfekt.
Es hat schon auch was Schönes, gewisse Dinge in Details wahrzunehmen und ihnen den letzten Schliff zu geben.

Allerdings ganz oft sind wir einfach blind für die Dinge, die gut sind.

Wir sehen nur die Fehler, wir sehen nur den Mangel an uns, in den Dingen, die wir tun und an allen Dingen um uns herum.
Und das kann ganz schön peinigen.
Wir dürfen also lernen, so ein bisschen mehr und mehr unseren Blick dahin gehend zu schulen, die Dinge zu sehen und wahrzunehmen, die gut sind, perfekt muss ja nicht immer sein, aber die gut sind.
Das wäre doch schon mal ein großer Anfang.

Was nun also aus all dem lernen?

Das erste ist, sich der Sachen überhaupt bewusst zu werden.

Weil erst dann hast du überhaupt eine Chance zu merken, wann dein Leitmotiv zum Beispiel „sei perfekt“, wieder mal aktiviert ist.

Zweitens unterziehe dich einem Reality-Check, also einem Realitätscheck.

Bitte Menschen um dich herum um ein Feedback. Gerade bei Perfektionisten oder auch bei Menschen, die es allen recht machen wollen, hilft es ganz oft, wenn Menschen von außen betrachtend nochmals drauf schauen und wie in der Geschichte mit der Mauer darauf hinweisen: „siehst du nicht die 998 tollen Steine?“
Es kann also hilfreich sein, sich mal einen Blick von außen zu gönnen.

Das dritte ist: schaffe Pausen.

Pausen heißt für mich zum einen, um Entspannungsübungen zu machen, dich runter zu holen, den Stress etwas abklingen zu lassen, weil wenn du total im Stressmodus bist, hast du nun mal keinen klaren Blick auf dich.
Wenn du zu Ruhe kommst, hast du eine deutlich höhere Chance, ein Stück aus der Situation herauszutreten und mit gewisser Distanz darauf zu schauen. Manches wird dann auch schon offenkundig.
Ein Reality-Check kannst du folglich durchaus auch selbst machen, allerdings brauchst du dafür ein bisschen Abstand.
Also, erst Stresslevel runterfahren, gönn dir ein paar Entspannungsübungen, bring dich etwas in Abstand und dann schau nochmal auf die Situation drauf.

Natürlich kannst du auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, die dir dabei zum Beispiel Unterstützung bietet, einerseits deine Antreiber überhaupt zu erkennen und zum anderen andere Verhaltensmuster einzuüben, die vielleicht etwas angemessener und funktionaler sind.

Das allerwichtigste zum Schluss, Druck raus.

Wir neigen dazu, so perfektionistisch und mit hohen Anspruchsdenken, wie wir mit anderen Dingen in unserem Leben unterwegs sind, auch mit uns selbst umzugehen.
Also nimm unbedingt Druck raus.
Du musst das nicht von heute auf morgen schaffen, es muss nicht sofort klappen, du musst nicht sofort erkennen, was alles in dir los ist und vor allem, es braucht sich nicht sofort zu ändern. Im Gegenteil: es wäre völlig unrealistisch, das überhaupt zu glauben.
Unsere Glaubenssätze und Leitmotiv sind so tief geprägt, dass sie einfach lange, lange Zeit brauchen.
Mach dir einfach klar, dass, wenn etwas passiert, ganz schnell die Emotion in dir da ist, die verknüpft ist mit deinem inneren Leitmotiv.

Du kennst es eben allzu gut, nicht den Ansprüchen zu genügen.

Du hast es früher mit dem Zeugnis in der Hand sehr deutlich zu spüren gekriegt, wann du geliebt wirst und wann du abgelehnt wirst. Das sitzt tief und deine Emotion, die anspringt, wenn im äußeren etwas nur ansatzweise in die Richtung passiert, ist so schnell da, dass du gar keine Chance hast zu intervenieren.
Es braucht einfach Zeit zwischen dem äußeren Reiz und deinem inneren Reaktionsmuster einen Raum zu bekommen, einen Raum zum Durchatmen zu bekommen und eine andere Entscheidung zu fällen.
Nimm dir diese Zeit und bitte habe ein bisschen Geduld mit dir.
I know! Geduld ist nicht gerade das tollste Wort, was wir hören wollen.
Ich weiß, wir haben einen Leidensdruck und trotzdem, es nützt nichts.
Du wirst es nicht von heute auf morgen schaffen können.

Das Wichtigste ist überhaupt dich auf den Weg zu machen, dir selbst auf die Schliche zu kommen und zu merken, ah, da war er wieder, mein kleiner Antreiber Perfektionismus.

Vielleicht findest du auch ein schöneres Wort dafür als Antreiber.
Ich, wie gesagt, sage ja gerne Leitmotiv und dann gib ihm vielleicht irgendeinen Namen.
Also vielleicht ist es die Perfektionistische Paula oder die Perfektionistische Prinzessin oder was auch immer dir einfallen mag.
Gib ihm ein Antlitz und geh mit ihm Kontakt.
Letztendlich hat dieser Anteil auch etwas Gutes, weil er hat dich in einer Zeit, wo es schwer für dich war, geschützt.
Damals war das vielleicht auch eine ganz wichtige Strategie damit umzugehen.
Heute ist es das nicht mehr und das muss dein Körper und dein emotionales Kostüm erst einmal lernen und das braucht Zeit.

Ich wünsche dir auf jeden Fall die notwendige Geduld, dich auf diesen Weg einzulassen, sage, wow, schön, dass du dran bleibst, schön, dass du da bist, schön, dass du das liest.

Eine gute Zeit dir.

Tschüss!