Léon – Villar de Mazarife
(20,6 km)
Kurzer Weg heute aber ebenso fordernd wie sonst. Seltsam, denn, egal ob ich fast 40, 30 oder 20 km laufe, die letzten Kilometer will ich nur noch ankommen, muss ich all meine Willenskraft aufbringen, um nicht wütend draufloszuschimpfen. Dass sich der Weg immer zum Schluss so wehrt, mich ankommen zu lassen, alle Pilger um mich herum ärgern mich; sie scheinen mich anzutreiben, zu verfolgen, sie scheinen einfach überall zu sein. Gerade geht mir das Pilgerleben einfach nur auf den Geist. Warum das so ist, kann ich momentan gar nicht konkret sagen.
Auf jeden Fall war der Tag heute wenig spektakulär. Außer dass ich der Landschaft nach zu urteilen, heute durch Afrika gewandert bin, zumindest stelle ich mir so die akfrikanische Steppe vor.
Die 20 km habe ich auf jeden Fall nach 5 h Laufen hinter mich gebracht. Am Ankunftsort höre ich dann allerdings das erste Mal seit Anbruch meiner Reise, dass in der erst angelaufenen Herberge kein Bett mehr verfügbar ist. Und das, obwohl es auf dieser Strecke zwei Alternativwege gibt und ich den weniger frequentierten laufe. So gehts in die nächste Herberge. Die hat noch Schlafplätze, ist aber auch die gruseligste bisher. Naja, eine Nacht werde ich überstehen.
Nur um Missverständnissen vorzubeugen: ich habe gerade nicht die Nase voll vom Laufen des Jakobsweges, nein, der Wille bzw. der Wunsch, mindestens bis Santiago oder besser gleich bis Finesterre zu laufen, ist ungebrochen. Was mir heute tatsächlich total gegen den Strich geht, ist das bereits Vorreservieren von Betten in Pilgerherbergen (deshalb war obig erwähnte Herberge überhaupt voll). Dann die Pilger, die vermeintlich irgendwie ständig um einen herum kreisen, die zuweilen auftretende Hektik auf dem Camino, dass man glauben könnte, es gäbe Freibier für die ersten 10 Pilger im nächsten Ort, deren Hektik ich mich selbst oft kaum entziehen kann. Und nun die Gruppe aus 3 Deutschen um die 30, die durch den Inhalt ihres Gesprächs und der aus einem Handy plärrenden Musik nahezu Lärmbelästigung betreiben.
Und dabei ist mir klar, das Problem liegt wohl klar bei mir, nicht bei den anderen?
Nun ja, morgen ist ein neuer Tag. Da sieht die Welt wieder anders aus…