Villafranca del Bierzo – Liñares
(31 km)
Verlasse erneut Villafranca ziemlich früh. Heute steht die letzte Bergetappe an, über O Cebreiro. Vor diesem Abschnitt hatte ich aufgrund Hape Kerkelings Beschreibungen etwas Respekt. Er zeichnete ein Bild, als dass man diese Etappe kaum ohne heraushängender Zunge bewerkstelligen könnte oder gar nahendem Kreislaufkollaps. Auch in meinem Wanderführer wird O Cebreiro flachsig mit „Oh, Krepiero“ umschrieben. Dazu nur ein klarer Kommentar meinerseits:
wer im Süden Deutschlands aufgewachsen ist und zumindest ab und an Wanderungen in den Alpen unternommen hat, wird all die Steigungen gut hinter sich bringen können. Ich spreche hier also absichtlich keine Flachlandtiroler an? Ich hatte hier auf keiner Etappe je Muskelreißen. Das dürfte aber jeder kennen, der in den Bergen mal Abschnitte mit vielen Höhenmetern auf wenig Distanzmeter hinter sich gebracht hat: Brennen der Oberschenkelmuskulatur. Das hatte ich in der Tat hier auf keiner Bergetappe. Wohl aber Knieschmerzen. Warum? Weil das Aufwärtsgehen zwar ab und an steil und herausfordernd ist, dies aber selten lange. Dann folgen wieder Abschnitte, in denen es weniger steil zugeht und man sich erholen kann. Das Abwärtsgehen ist ähnlich, nur eben bei angeschlagenen Gelenken, insbes. der Knie, durchaus anspruchsvoll, weil es sich gerne mal über 1-2 Stunden hinzieht.
Ich kann an der Stelle nur wiederholen, dass zumindest für mich der Camino francés deshalb fordernd ist, weil man tagtäglich etliche Kilometer zu Fuß überwindet. Und das bin ich einfach nicht gewohnt. Es sind die Strecken selbst und die Wiederholung, Tag für Tag.
Aber auch darin möchte ich mich jetzt wiederholen: das ist meine ganz persönliche Erfahrung und Einschätzung und muss längstens nicht für alle zutreffen.
Nach diesem „kurzen“ Ausflug zurück zur heutigen Etappe: die ersten 10 Kilometer gehe ich nicht die Alternativroute über die Berge, Camino duro genannt, sondern entlang einer Landstraße. Diese geht irgendwann über in ein immer schmaler werdendes Strässchen, das durch das Tal läuft. Die Gegend ist traumhaft und hat viel Alpenländisches: Braune Kühe mit Glocken, verträumte Dörfchen, noch viel auf Handbetrieb ausgerichtete Landwirtschaft. Später beginnt dann der langgestreckte Aufstieg nach O Cebreiro, dem Höhepunkt der heutigen Tour.
O Cebreiro erreiche ich ohne große Anstrengung, lege nochmals eine Rast ein, bevor ich nach weiteren 45 Min in Liñares einlaufe. Da ist es 13:30 Uhr.
Im Hintergrund und damit hinter dem nächsten Berg sieht man beachtliche Rauchwolken aufsteigen. Offenbar ein naher Waldbrand. Manche Pilger scheinen deutlich beunruhigt. Auf die Nachfrage bei der „Herbergsmutter“ erfahre ich, dass es wohl ein Brand im ca. 20 km entfernten Triacastela ist. Ihrer Gelassenheit entnehme ich, dass wohl keine wirkliche Gefahr droht.
Das einzige Dumme an der Sache: Triacastela ist mein nächster Zielort??
Nun ja, wir werden sehen, was der Abend bzw. spätestens der nächste Morgen noch für Erkenntnisse bringt.
Erneut schöne Aussichten!
Wie ich finde, gut gehbare und wenig anspruchsvolle Wege.
Ich habe die letzte Region meiner Wanderung erreicht, in der auch Santiago de Compostela liegt: Galicien.
Ab jetzt sind die verbleibenden Kilometer nach Santiago auf den Wegmarkierungen angezeigt. Nur noch knapp 160 km!