21.09.2019 – Camino del norte 5. Tag

von Katja Härle

21. September 2019

Gernika – Bilbao
(ca. 32 km)

…und damit bin ich jetzt genau da, wo ich eigentlich nicht für die Nacht stoppen wollte. Wie kam’s also?

Nach einer Camino-guten Nacht (so super schlafe ich ja nie) bin ich um kurz vor 8 Uhr Abmarsch bereit.

Gernikas Hauptplatz.

Gernika liegt hinter mir.

Die ersten 17 Kilometer ist außer Wälder, Felder und einzelne Häusergruppen nichts, wo man rasten oder gar einkehren könnte.

Ich bin heute wieder flotten Fußes unterwegs, so dass ich einige Pilger überhole, u.a. Debbie, die in Dublin wohnhafte Brasilianerin hatte ich gestern in der Herberge von Gernika kennengelernt.

Sie treffe ich dann einige Zeit später wieder an, nachdem sie mich unbemerkt bei meiner ausgedehnten Siesta überholt hatte. Da sitzt sie bei einem Glas Calimocho, ein Wein-Cola-Gemisch auf Eiswürfel. Sehr erfrischend. Ich lasse mich ebenfalls zu einem Glas verleiten und kaum habe ich es in schnellen Zügen genossen, bereue ich es auch schon: der Alkohol steigt mir sofort in den Kopf, die Beine werden schwer und mir ist eher nach Hinlegen als nach Weiterlaufen.

Nun ja, das tue ich dann aber doch und bald hat die Bewegung und die Sonne den Alkohol wieder verpuffen lassen, rausgeschwitzt und weggelaufen. Also ist klar, dass ich nicht in Lezama bei knapp unter 20 km Halt machen werden. Mit nicht einmal 14 Uhr auch zu früh. Ergo: ich laufe weiter. Obwohl ich überhaupt keinen Anreiz verspüre, in Bilbao zu übernachten. Die großen Städte und Ortschaften sind mir auf meinen Caminos ehrlich gesagt ein Graus. Nun gut, bis dahin sind es noch ca. 12 Kilometer, nochmals ordentlich bergauf-bergab. Und vielleicht nehme ich dann auch den Bus und lasse mich zu einer Ortschaft nach Bilbao bringen, um dem Trubel zu entgehen. So viel zu meinen Ideen. Letztlich kommt’s dann aber doch anders.

Bilbao liegt mir zu Füßen.

Nach einem 45-minütigen Abstieg stehe ich in der Altstadt, die ich um 16:30 Uhr erreiche. Jetzt brauche ich erst einmal was zu essen. Dabei – so denke ich mir – finde ich schon die Lösung für die Nacht. Das tue ich dann auch, allerdings längst nicht so ‚easy‘, wie ich das dachte. In Bilbao selbst sind sämtliche Herbergen oder ähnliche Unterkünfte (und so viele gibt es hiervon nicht) belegt. Günstige Hotels….. ja, klar, die haben auf mich gewartet. Natürlich ebenfalls alles voll bzw. teuer zu haben. Selbst in Portugalete 10 Kilometer nach Bilbao: completo! Jede einzelne Unterkunft und Herberge, die ich anrufe.

Genervt checke ich ein letztes Mal booking.com und buche ein – aus meiner Sicht – völlig überteuertes, sehr einfaches (!) Pensionszimmer mit Gemeinschaftsbad für schlappe 65 Euro. Na, wenn’s weiter nichts ist.

Manchmal ist das eben so, wenn man nichts plant und im Voraus bucht. Ich nehme es gelassen. Hauptsache Bett und Dusche! Deshalb ändere ich nicht meine Devise „ich starte in den Tag und schaue dann, was kommt und wo ich für dich Nacht raste“. Das würde mir so viel Flexibilität und Überraschung nehmen, das ist mir das „etwas“ Mehr für die heutige Nacht allemal wert.

Zum heutigen Abschluss eine Bemerkung zu meinen Füßen:
ich bin erstaunt und regelrecht fasziniert, dass meine Füße nach wie vor wie aus dem Ei gepellt aussehen, keine Druckstellen, keine Rötungen, geschweige denn Blasen. Normalerweise, wenn ich abends am Etappenziel ankomme und in meine Sandalen schlüpfe, um zum Essen zu gehen, watschle ich meist schon leicht daher wie auf rohen Eiern. Die ein oder andere Blase und die Belastung bzw. stetige Reibung der Schuhe über den Tag machen sich dann doch bemerkbar. Beklagen konnte ich mich diesbezüglich nie wirklich, ich hatte das meist gut im Griff. Der jetzige Zustand meiner Füße ist dann trotzdem außergewöhnlich. Und das ganz ohne Tapen. Sehr schön. So kann’s weitergehen☺️



Mit einem Klick teilen:

Vielleicht interessiert Dich auch….