Astorga – Rabanal del Camino
(20 km)
Jetzt fordert mich der Camino richtig! Nicht physisch. Das scheine ich wirklich hinter mir zu haben. Nein, dieses Mal psychisch, mental. Und, interessant, wenn auch mehr als hinderlich, sobald eines außer Balance ist, gerät das ganze System ins Straucheln. So stolpere ich heute mehrfach über im Weg liegende Steine. Dabei ist der Weg eigentlich äußerst gut zu gehen und im Vergleich zu den Tagen davor kaum Steine da. Auch geht es meinen Füßen ziemlich gut. Ich spüre deutlich weniger diese von mir bereits schon öfters angesprochene Müdigkeit. So gibt es eigentlich kaum Gründe für das heutige Straucheln, außer die äußere Manifestation meiner inneren Ungereimtheiten.
Seit Tagen bin ich mental schon schwierig unterwegs, unausgeglichen, werkle vieles in mir hin und her, höre entsprechend tiefgründige Hörbücher wie z.B. Eckhart Tolle.
Ich bin heute wirklich in Ruhe und mit 10 Uhr sehr spät gestartet, habe zudem noch während des Frühstücks die nächsten 3 Tage geplant und entsprechend Buchungen vorgenommen. Doch noch unterwegs und während den ersten beiden Laufstunden macht sich Unsicherheit breit. War das das Richtige? Die Unsicherheit weitet sich zunehmend zum Unmut und später zur Übellaunigkeit auf mich selbst aus. So storniere ich doch tatsächlich die Buchung für Übermorgen wieder. Die für morgen kann ich nicht stornieren. Das ist mir eine Lehre, oder auch nicht. Offenbar muss ich derzeit einfach mit einer Hin- und Hergerissenheit leben. Ich kann es nicht ändern. Und die bezieht sich auch aufs Alleinegehen oder in Begleitung. Ich schwanke ständig hin und her. Und da sich Klarheit nunmal nicht erzwingen lässt, bin ich jetzt (hoffentlich) endlich dazu bereit, es einfach hinzunehmen, wie es gerade ist.
Was für eine Anstrengung!
Beim Verlassen von Astorga pilgere ich noch an der Kathedrale und dem Gaudi-Palast vorbei. Letzteres mutet an wie eine Kopie von Schloss Neuschwanstein, wenn auch in Miniaturform.
Die Gegend wird wieder etwas grüner.
