Navarrete – Cirueña
(32,5 km)
Wahnsinn! Jetzt bin ich bereits 208,5 km gelaufen. Zu Fuß. In 9 Tagen. Unglaublich, was mein Körper so alles kann und wie belastbar er ist.
Heute war es dann wieder eine ziemlich lange Strecke. Und das, obwohl ich sehr spät losgekommen bin: erst um 9 Uhr. Und dennoch war ich bereits um 15:15 Uhr hier. Abzüglich einer kurzen Pause von knapp 30 Min in Nájera bin ich also die knapp 33 km in 5,75 h gelaufen. Das ist schnell, sehr schnell, wie ich finde, da insbesondere ab Mittag die Sonne heute wieder unerbittlich herunterbrennt und kaum Wind da ist. Vielleicht lief’s deshalb so wunderbar, weil ich die ganze Zeit Musik gehört …. und vor allem gesungen habe. Ja, tatsächlich gesungen! Und nein, nicht so ein bisserl leise vor mich hin. Neeee, lautstark – es sei denn, ich bin mal außer Atem gekommen. Dann mal etwas leiser? Aber ansonsten toujours durch. Und das egal, ob ich andere Pilger überholte (heute hat mich außer Radler niemand überholt) oder durch eine Ortschaft gelaufen bin. Ich habe nicht aufgehört, vor mich hinzuträllern. Das hat mir ob meines schiefen Singsangs einiges Lächeln eingebracht.
Das hat richtig Spaß gemacht und war bei der rotbraun-verbrannten Erde genannt Acker um mich herum und dem staubtrockenen Weg unter meinen Füßen auch bitter nötig und wahrscheinlich genau der Antrieb, den ich heute gebraucht habe.
Zuerst begleiten mich noch Weinreben so weit das Auge reicht, aber zusehends wandelt sich die Landschaft und wird karger:
Der letzte Anstieg kurz vor Cirueña wird dann auch nochmals heftig und ich ziehe mich fleißig meine Stöcke einsetzend voran. Die Sonne brennt…
Dann erreiche ich den neuen Ortsteil von Cirueña. Scheint ausgestorben zu sein und wie eine Geisterstadt wenig einladend. Überall prangen Schilder „se vende“ – zu verkaufen.
Und schließlich erreiche ich den alten Teil, in dem sich auch die Herbergen befinden. Merkwürdig. Sowohl das Haus und noch viel mehr der Betreiber. Ein komischer Kauz. Ich überlege dann eine Weile zur anderen Herberge weiterzulaufen, um dort nach einem Bett zu fragen. Aber aus irgendeinem Grund mache ichs dann doch nicht.
Immerhin bekomme ich ein Doppelzimmer für 20 Euro – mit Gemeinschaftsbad. Naja… wenigstens Ruhe beim Schlafen.
Die gleichzeitig mit mir eingetroffene Amerikanerin scheint ebenfalls wenig „happy“. Ich rufe dann doch noch in der anderen Herberge an: nix mehr frei. Gegebenenfalls ein Bett, wenn die Dame, die es vorreserviert hat, die nächste halbe Stunde nicht kommt. Naja, das war wohl der Grund, weshalb ich gezögert habe, zur nächsten Herberge weiterzugehen. Ist ja nur für eine Nacht und mein Zimmer kann ich von innen verriegeln. Guuut! So kann ich wenigstens beruhigt schlafen.
Und ebenfalls gut, dass ich mir in Nájera noch ein Baguette mit luftgetrocknetem Schinken gekauft habe. Das wird mein Abendessen. Das habe ich in dem Moment entschieden, als der verrückte Herbergsvater stolz berichtet, er wäre auch noch der Koch. Davon ess ich sicher nichts! Bääh.
Das Haus wird dann doch noch recht voll. Und es treffen auch bereits bekannte Gesichter ein, u.a. Anthony aus Australien, mit dem ich gestern schon ein gutes Stück des Weges gelaufen bin.
So ists mir schon wohler. Nun, ich will nicht übertreiben, ich fühle mich nicht unsicher. Der Typ, der die Herberge führt, ist nur einfach merkwürdig, irgendwie der Welt entrückt. Wie schon gesagt: eine Nacht…
Schaut ja eigentlich harmlos aus, die Herberge von außen.
Und das Ganze dann noch von innen.
Ob er wohl „Künstler“ ist und die im ganzen Haus aufgehängten Exemplare von ihm? Das würde so einiges erklären?
Verdienter Absacker außerhalb der „spooky“ Herberge – für 1,50 Euro!!!!