Neydens – Contamine-Sarzin 27 km
Ich hätte nicht gedacht, dass ich heute so weit komme. Ursprünglich war der Plan, in La Motte zu übernachten. Allerdings nimmt niemand meinen Anruf entgegen, als ich der Empfehlung folgend, meine Unterkunft schon morgens sichern will.
Also marschiere ich einfach, wie meist sonst auch, drauflos. Die Nacht ist für mit kurz nach 6 Uhr zu Ende. Zu heiß, zu unruhig geschlafen. Also besser aufstehen, denke ich. Ausgeruht bin ich dennoch, lag ich doch gestern schon um 22 Uhr im Bett.
Um 7:15 Uhr bin ich also schon auf dem Weg. Nach kurzer Kaffeepause ist der Morgen auch wunderbar zum Laufen. Zwar schon warm, aber nicht mehr so dämpfig, als noch am Abend zuvor.
Ich treffe nochmals kurz die 3 Pilgerinnen – eine junge, deutsche Frau, deren Mutter mit einer Freundin – die mit mir die Nacht in der Pilgerunterkunft verbracht haben. Danach sehe ich keine Pilger mehr. Außer vereinzelte Spaziergänger niemand auf den Wegen zu sehen. Ab Mittag nicht einmal noch Wanderer. Ich bin alleine.
Um 11:30 Uhr komme ich in Charly an – ca. 14 km waren es bis hierher. Dort befindet sich ebenfalls eine Gîte d‘étape, also eine günstige Pilgerunterkunft. Der Ort ist schnuckelig, sehr klein und ohne Infrastruktur. Die Pilgerherberge wird nur auf- und zugeschlossen. Ansonsten ist niemand da. Also Selbstversorgung. Außerdem ist es viel zu früh am Tag, ich bin fit und wüsste nicht, was ich hier den ganzen Tag rumhängen sollte. Also fülle ich nur meine Wasservorräte auf und organisiere mir eine Unterkunft weitere 12 km entfernt.
Das Gehen läuft super. Die Trail Running Schuhe mit ordentlich gedämpfter Sohle zahlen sich offenbar aus. Jeder Brunnen, der mir begegnet – und es sind zum Glück ein paar – nutze ich zur Erfrischung und mache Haare, Arme und Beine nass. Leider hält die Abkühlung nie länger als 2-3 Minuten. Aber immerhin 😉 Und so bin ich tatsächlich erstaunt, dass ich auch die restlichen Kilometer größtenteils leichtfüßig und zügig dahingehe. Viel zu berichten, was sich im Inneren abspielte, gibt es nicht. Selten längere Gedankengänge gehabt, oft schnell durch eine Zeile meines Mantras gestoppt – je nachdem, was passte, z.B.: ey, Katja, nothing to worry about. Oder, Katja, all is good.
Eines kann ich allerdings bestätigen: ohne französisch wird’s eng mit dem Kommunizieren. Meine Anrufe heute waren eine wilde Mischung aus Brocken französisch, spanisch (da rutsche ich immer wieder rein), englisch und deutsch. Manche Zimmeranbieter sprechen wirklich nur französisch oder ein ebenso schlechtes Englisch oder Deutsch wie ich französisch. Dennoch bin ich stolz: ich hab‘s versucht mit dem Telefonieren. Irgendwie konnten wir uns jeweils verständigen. Und ich habe ein Zimmer mit Frühstück und Abendessen für 60 Euro. Kein Schnäppchen, aber nachdem es heute wieder keine Einkehr- oder Einkaufsmöglichkeiten auf der Strecke sowie am Ankunftsort gibt, ist es mir die all-inclusive-Variante wert. Und ich habe ein eigenes Zimmer mit Bad und sitze, während ich das schreibe, auf der Terrasse der Gastgeber mit einem gigantischen Fernblick.