Estaing – Conques ca. 35 km mit dem Compostel‘Bus
Oh what a night. Denkbar schlecht. Vielleicht sogar die bislang schlechteste aller Caminos. Ich bin in einem 3-Bettzimmer mit 2 Männern. Soweit kein Problem. Jedoch einer von den beiden ist ein massiger, großer südländisch wirkender Typ. Auch erstmal kein Problem. Das Problem ist: er stinkt. Das lässt sich auf keine Weise beschönigen. Er stinkt sogar erbärmlich. Die Herbergsmutter Annaelle ist bemüht, mir Linderung zu verschaffen, bietet mir Raumspray oder gar ein Notbett in einem bereits mit 6 anderen engbelegten Zimmer an. Ich lehne ab, will weder die anderen 6 noch den morchelnden Pilger vor den Kopf stoßen. Ich denke mir, gewöhnlich gewöhnt man sich an einen Geruch und irgendwann riecht man es gar nicht mehr – so lange man das Zimmer nicht verlässt. Doch weit gefehlt: es tritt kein Gewöhnungseffekt ein. Schlimmer noch, die Straße liegt nah am Haus, LKW donnern bis spät in die Nacht über die Straße, der Stinker schnarcht zudem – mit gewaltigen Aussetzern und den darauffolgenden japsenden und gurgelnden Atemzügen. Um 2 Uhr schlafe ich noch immer nicht. Nachdem ich nach einem Toilettengang ins Zimmer zurückkehre, schlägt mir die säuerlich-miefige Luft derart wuchtig entgegen, dass ich fürchte, mich sofort übergeben zu müssen. Ich verlasse mit Kopfkissen und Schlafsack bepackt schleunigst das Zimmer und lasse mich auf einer Bank im Aufenthaltsraum nieder. Die ist zwar ziemlich hart, stinkt und schnarcht aber wenigstens nicht. An Schlaf ist trotzdem kaum zu denken und so habe ich um 4:30 Uhr immer noch kein Auge zugetan, jedoch meine Heimreise gut und günstig geplant. Somit hat das Ganze wenigstens eine gute Seite.
Der Morgen zieht sich ähnlich wie die Nacht. Mein Bus fährt planmäßig erst um 10:30 Uhr – tatsächlich jedoch um 10:45 Uhr. Ich überbrücke die Zeit mit Frühstücken, Kaffeetrinken mit einem Pilger, der es heute Morgen nicht eilig hat. Irgendwie komisch, so zurückzubleiben. Peux-à-peux verlassen alle mit Rucksack gerüstet Estaing. Ich schaue ihnen nach. Natürlich – wie immer, wenn ein Camino endet – mit etwas Wehmut. Das bleibt nicht aus, auch wenn mich im Moment nichts reizen würde daran, wirklich weiterzugehen.
Ich fahre dann mit dem Compostel‘Bus nach Conques – 2 Tagesetappen weiter. Schon allein, was ich vom Bus aus sehe, ist traumhaft. Fast unberührt scheint hier die hügelige Landschaft. Conques liegt malerisch eingebettet in bewaldete Hügel und ist für den Durchgangsverkehr gesperrt. Na zumindest höre ich heute Nacht keine vorbeidonnernden LKW. Ich hoffe hier auf einen schönen, runden Pilgerabschluss in einer Klosterabtei.