04.10.17 – 17. Tag

von Katja Härle

4. Oktober 2017

Sahagún – Reliegos
(31 km)

Ich habe mal wirklich gut geschlafen. Zwar nicht ohne Unterbrechungen, aber dennoch vergleichsweise gut, wache meist nur kurz auf und kann wieder sofort weiterschlafen. Selbst als ich um 8 Uhr beschließe, jetzt aufzustehen, schaffe ich es weitere 1,25 h rumzulümmeln und zu dösen. Dann gehts aber schnell aus den Federn und um kurz nach 10 Uhr bin ich wieder zurück auf dem Camino. Sehr spät, aber mir ist das wurscht; ich habe den Schlaf gebraucht.
Mein erstes Ziel ist ca. 13 km entfernt. Ob ich da allerdings schon meinen Tag beschließen werde, ist fraglich.
So ausgeruht ich bin, geht’s zu gut dahin. Außerdem ist es ein perfekter Wandertag, um sich mit sich selbst zu beschäftigen.
Ich passiere bis nach Calzadilla de los Hermanillos, meinem Zwischenziel, nur ein verschlafenes Dorf. Pilger sehe ich auch so gut wie keine. Den ganzen Tag treffe ich gerade mal eine Hand voll. Das hatte ich noch nie.
Außerdem ziehen sich die Pfade und Wege heute schier endlos dahin.
Alles also perfekte Bedingungen, um seine Gedanken schweifen zu lassen oder gar die meditative Wirkung des einfachen Gehens zu genießen.

Ich erreiche schneller als gedacht nach gut 2,5 h Calzadilla und bin daher innerlich eigentlich schon überzeugt weiterzugehen. Obwohl ich weiß, dass nun der härteste Teil folgt:
18 km wandern auf schnurgerader Strecke. Kein Schatten, kein Rastplatz, kein Ort, nichts. Sollte mich also unterwegs wieder unbändige Müdigkeit überkommen, müsste ich da durch und weiterlaufen. Tja, wie soll ich’s beschreiben? Etwas in mir weiß, dass es das Richtige ist weiterzugehen und dass ich mein Ziel gut erreichen werde.


Calzadilla de los Hermanillos ist um 12:45 Uhr schnell erreicht.

Nach einer deutlich verspäteten „Frühstückspause“ mache ich mich dann auf.

Was dann folgt, ist kaum in Worte zu fassen. Nein, ich habe (noch?) nicht Gott getroffen – wie Hape Kerkeling??
Aber diese langgestreckten Felder, die sehr steinigen Wege, die einen doch immer wieder mal ins Straucheln bringen, keiner Menschenseele über zig Kilometer zu begegnen, geschweige denn Ortschaften zu passieren oder auch nur zu sehen, dass scheinbar ewige mit sich alleine sein, die unendlichen Weiten, so dass man nach spätestens 2 Stunden denkt, nie anzukommen, weil soweit das Auge auch schweifen mag, es lässt sich kein Ort ausmachen, das Ziel scheint in unerreichbarer Ferne, das Alles macht was mit einem. Was, vermag ich kaum zu beschreiben. Zwischenzeitlich komme ich mir gar vor wie in einem Sergio Leone Western, immer wieder Windhosen, knochentrockenes Land, Staub, rotbraune Erde und die Sonne sticht unerbittlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, ich bin Darstellerin in einem seiner Filme und soeben von meinem trinkwütigen Filmehemann mitten in der Wüste ausgesetzt worden.
Na, zum Glück habe ich ausreichend Wasser bei mir.


Erst wie afrikanische Steppe…


… dann wie Wüste.

Zum Schluss sinkt mein Mut dann ganz schön in die Kniekehlen, denn, obwohl recht flach, bietet die Landschaft gerade genug Hügel, dass das Ziel – Reliegos – nicht in Sicht kommen will.

So bleibt es dann letztlich verborgen, bis sich endlich, einen halben Kilometer vor Ortseingang, Reliegos zeigt.

Zwischenzeitlich ist es 17:30 Uhr. Für heute reichts auch!



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