10.08.23 – Oberschwäbischer Jakobsweg 5. Tag/ 29. Lauftag

von Katja Härle

14. August 2023

Ulm- Oberdischingen 21,4 km

Die erste Etappe auf dem oberschwäbischen Jakobsweg wartet mit viel Aus- und Weitblicken auf und leider erneut mit viel Asphalt, wenig unterbrochen durch Feld- und Kieswege. Die schönen Ansichten entschädigen und das zwischenzeitlich deutlich sonnigere und wärmere Wetter tut sein übriges.

Daneben habe ich heute an so einigem zu knappern.

Erstens, man kann es mir nicht recht machen *hahahaha* Ich ertappe mich, wie ich bei dem ein oder anderen „auferzwungenen“ Gespräch (ich müsste schon aktiv weghören, was mir tatsächlich oft nicht gelingt) denke: nichts zu verstehen, kann auch ein Segen sein. Ich wünsche mich fast schon wieder zurück nach Frankreich 😉

Zweitens, ich sehe mich durch die Gegend latschen und mir die Frage stellen: und, wie geht es Dir nun hier in der Heimat? Fühlst Du Dich nun mehr zu Hause? Und ich muss „nein“ sagen. Weeeen wundert‘s. Ich scheine es wirklich mit Prügeln zu brauchen: erst, wenn ich es zutiefst fühle, kommt es bei mir an, kapiere ich es, macht es Klick. Dem Leser (und auch meinem Verstand) war es ja schon vorher klar – es geht nicht um ein äußeres Zuhause. Es geht um ein Gefühl, es geht um mein inneres Zuhause. Ich kann noch Tausend Kilometer durch die Gegend rennen, ich werde mich nirgends zuhause fühlen, wenn ich es nicht einmal in mir selbst verspüren kann. Zuhause sein auf dieser Welt, in diesem Leben, in diesem Körper und in dieser Persönlichkeit.

Drittens, ich zeige mich hier in meinen Blogbeiträgen sehr ehrlich und offen. Ich lasse den Leser tief in meine innere Welt eintauchen. Und dabei spreche ich Dinge offen aus, die sich die meisten nicht einmal eingestehen zu denken. Auf der einen Seite fällt mir das leicht, tippe ich es ja doch ganz für mich in mein Handy ein. Auf der anderen Seite lesen es viele Menschen, die mich kennen, zu kennen glauben oder mir völlig unbekannt sind. Und manche meinen, sie könnten sich aufgrunddessen ein Urteil über mich erlauben, wüssten, was mit mir los ist und wären eingeladen, mir ungefragt Ratschläge zu geben. Versteht mich nicht falsch, ich höre gerne andere Sichtweisen, eure Ideen und Meinungen. Urteile und Ratschläge sind ein anderes Kaliber. Ich mache das hier, weil es mir vor allem hilft, mich selbst zu erkennen. Und weil ich der Ansicht bin, dass Echtes und Authentisches gerade in der virtuellen Scheinwelt unserer Zeit, in der sich die meisten nur trauen, sich hochglanzpoliert zu zeigen, mehr als notwendig ist. Ich wünsche mir mehr Achtsamkeit und Respekt meinen Selbstoffenbarungen gegenüber. Und auch das ist etwas, was nicht nur in der Virtualität aber vor allem dort sehr ins Hintertreffen geraten ist. Nur weil ich seelisch-emotionalen Striptease betreibe, heißt das nicht, dass ich meinen Hintern zum Reintreten freigegeben habe. Mir war und ist bewusst, dass das nicht ausbleiben würde. Dennoch muss ich das nicht einfach stillschweigend hinnehmen. Sei also eingeladen, insofern Du Dich nun angesprochen fühlst (was ja an Dir liegt und nicht an meiner Ansage :-P), bevor Du auch nur ein Urteil über mich denkst (!), Dich zuallererst an die eigene Nase zu fassen und zu fragen, was würden andere über Deine Gedanken sagen?

 

Ulmeransichten an Morgen

Die Nacht im letzten Mehrbettzimmer für diesen Jakobsweg war nicht so dolle. Die Chinesin in meinem Zimmer nützt die Zeit bis 23 Uhr mit Kofferumpacken und auf dem PC arbeiten. Wir anderen drei liegen da bereits seit einer Stunde in den Kojen. Ob die zweite Deutsche im Zimmer und die Inderin dabei schlafen können, entzieht sich meiner Kenntnis. Mir gelingt es jedenfalls nicht. Und um 6 Uhr klingelt der erste Wecker mit dem darauffolgenden Geraschel, Getöse, Licht an etc. Gut und ausgiebig Schlafen sieht anders aus.

Daher starte ich bereits um 7:30 Uhr in den Tag.

 

Nach 5 km Durchwandern des Ulmer Süd-Westens befinde ich mich unmittelbar auf einem Bergkamm mit Ausblicken zu beiden Seiten
Wieder kurze Hosen-Wetter 😉
Einer der wenigen Abschnitte Kiesweg
Oberdischingen erreiche ich um 14:15 Uhr, obwohl ich mir betont Zeit gelassen und mind. 1,5-2 h Pause gemacht habe
Pilgerherberge Cursillo-Haus St. Jakobus – man beachte die Schirmherrin meines Einzelzimmers; könnte passender nicht sein 🙂
Das spirituelle Zentrum im Cursillo-Haus bietet viele Möglichkeiten der Inspiration und Kontemplation

Und hier treffe ich doch tatsächlich mal auf Pilger. Bisher habe ich nämlich noch keine auf dem Weg gesehen. Letztlich sind wir zu fünft, wobei tatsächlich nur ein Pärchen aus Dresden und ich den Jakobsweg pilgern. Einer ist mit dem Rad da und wollte auch nur das Cursillo-Haus als Veranstaltungsort kennenlernen. Eine Dame war mit ihren Neffen, die bereits abgereist sind, 3 Tage unterwegs und beschließt heute Abend ihren Pilgerweg. Und ein Mann wandert den Martinusweg.

 

Etappe 5 inkl. 1,5-2 h Pause

 



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